Dienstag, 30. Juli 2019

Wiederkehr nach 3 Jahren!

Hallöchen :)

Wie schnell die Zeit doch wieder vergeht! Vor fast einem Jahr war ich wieder in Argentinien, nachdem knapp 3 Jahre seit meinem letzten Besuch vergangen sind. Ich hab nach dem Aufenthalt dort eigentlich einen Blogeintrag angefangen, hatte dann aber doch keinen Bock mehr zu schreiben. Meine Schwester (Antonia, die ja früher zur gleichen Zeit in Ecuador war) hat aber neulich ein Vorbereitungsseminar mit unserer geliebten damaligen Organisation Experiment e.V. betreut und erzählt, dass immer noch "Anwärter", für den Schüleraustausch nach Argentinien, auf meinen Blog gucken. Das motivierte mich dazu, im Zuge einer weiteren Prokrastination (neben dem ermüdenden Lernen für die Uni Prüfungen) den Beitrag zu Ende zu verfassen. Also falls ihr Bock habt, lest ihn gerne. ;)

So, nun zur eigentlichen Reise:
Man mag es kaum glauben, nach einer etwas mehr spontanen Entscheidung ging es im September 2018 für mich zurück nach Argentinien.
Nachdem ich meine Gastfamilie fragte, ob sie Zeit und Lust hätten mich wieder aufzunehmen, begann die Suche nach einem passendem Flug. Das war mal wieder ganz schön aufregend und es vergingen einige Tage bis endlich alles feststand.
Warum ich zurück wollte? Naja, hauptsächlich um meine Gastfamilie sowie Freunde zu besuchen. Sind ja schließlich auch schon drei Jahre ins Land gezogen, seitdem ich das letzte Mal dort war.
Also stopfte ich Koffer und Rucksack mit diversen Geschenken voll und stieg am 6. September in den Flieger, der mich über Dellas und Chile nach Córdoba brachte.

Die Aussicht ist immer wieder toll!


Puh, war es mal wieder aufregend am Flughafen zu warten, bis ich endlich in den Empfangssaal konnte! Mein Herz pochte wie wild und meine Hände waren etwas zittrig. Und da waren sie dann- meine Gasteltern sowie mein jüngerer Gastbruder Augusto. Die Freude war groß und... was soll ich sagen, mein Gepäck umso mehr. Keine Ahnung, wie ich es wieder schaffte, so viel Mist mitzunehmen. Die Fahrt zum Haus war bereits interessant und ich musste mich zusammenreißen nicht loszuschreien, da ich tatsächlich vergessen habe, wie wild die Autofahrten dort doch sind. Augusto erzählte währenddessen jedenfalls, dass er seit Monaten keine Schule mehr hat, da die Lehrer streikten. Außerdem ist der Wert des Pesos sehr krass gefallen (ein Thema, welches oft angesprochen wurde). "Damals" waren 7 Pesos noch 1 Euro, zu der Zeit waren 45 Pesos mittlerweile 1 Euro. All das Geld, welches ich 2015 nachhause mitnahm und dachte, ich könnte es beim nächsten Besuch verwenden war einfach wertlos. Aus ca. 30 Euro wurden ernüchternde 4,60 Euro. Mist.

Das Zusammentreffen mit meiner ganzen Gastfamilie war toll. Es war schön, sie alle wiederzusehen aber auch sehr erschreckend, da gerade Francina (damals 13) und Augusto (damals 14) unglaublich gewachsen sind. Die Familie war außerdem leider um die Hündin Candy geschrumpft. Diese war zu schüchtern und nett und wehrte Einbrecher nicht mit dem nötigen Elan ab (wahrscheinlich versteckte sie sich einfach oder hechelte sie nur liebevoll an). Deshalb ersetzte sie flott die moderne Technik und statt Hund befand sich nun eine nicht ganz so liebevoll guckende Alarmanlage im Garten. Ich fand es irgendwie witzig, aber vermisste auch die treue Hundeseele. Meine Gasteltern waren so süß und ein wenig verrückt wie eh und je und mein gleich alter Gastbruder Lea studierte seit einiger Zeit. Während der drei Wochen verbrachten wir Abends viel Zeit zusammen, wenn alle da waren.
Meine Gastgroßeltern besuchte ich auch einen Tag, sie waren beide wieder sehr süß. Einen Abend trafen wir uns auch mit der befreundeten Familie, mit der wir der damals sehr oft zusammen gegessen haben.
Die allerbeste Gastfamilie 

Augusto, der kleine Handballstar ;)

Die hat mein Gastopa bemalt und mir eine davon geschenkt :)

So schöne Mates!
Die befreundete Familie 

Francina lud mich einen Tag ein, mit ihr zum Cole (Schule) zu gehen, da es wieder die "Semana del estudiante" (Woche der Schüler) war und sich die verschiedenen Richtungen, also Naturwissenschaften, Soziales und Kunst, in verschiedenen Disziplinen unter Beweis stellen durften. Dafür gab es dann Punkte und am Ende gewann eins von den drei. War wieder cool, diverse Tänze und Vorstellungen aller anzugucken. Außerdem traf ich einpaar meiner alten Lehrer wieder, die mich auch wiedererkannten. :)



Seit einiger Zeit besaß meine Gastfamilie ein Landstück (einfach "Campo" genannt"), welches etwas außerhalb lag und eine tolle Fluchtmöglichkeit vom Großstadttrubel bot. Ein Wochenende verbrachten wir dort. Trotz dass es eigentlich erst Anfang Frühling war, konnten wir uns sonnen, aßen Asado, beobachteten Füchse, erkundeten die Gegend und ich schoss natürlich wieder unmengen an Fotos.








Die Paprika sieht tatsächlich sehr krebserregend aus. Aber pellt man sie nach der Feuertaufe, ergibt das eine leckere Beilage.

Asado





Ein Wochenende hatte mein Gastvater noch eine besondere Überraschung für mich. Meine Gastmutter war leider auf einem mehrtägigen Seminar, sodass er mich fragte ob ich nicht zu einer Hochzeit mitkommen möchte. Eine Kollegin von ihm heiratete nämlich. Darüber musste ich natürlich nicht drei Mal nachdenken und sagte sofort begeistert zu. Nur stand ich vor dem Problem des Outfits- bei allem was ich in Deutschland eingeplant habe, stand "angemessenes Kleid für Hochzeit" definitiv nicht auf meiner Packliste! Aber meine Gastmutter lieh mir ein Glück etwas von ihren Sachen und schnell war eine Lösung gefunden. Argentinische Hochzeiten ähneln übrigens den Deutschen tatsächlich etwas. Abends gab es eine offizielle Trauung im Standesamt (glaube ich), bei der sowohl Freunde als auch Familie dabei waren. Danach wurde das glückliche Paar beglückwünscht und zum Buffet geladen. Schnell lief dann auch schon die Musik und es wurde sehr viel und äußerst gut getanzt, da konnte ich wieder absolut nicht mithalten. Vor allem, da mir das "elegante Tanzgen" sowieso nicht vererbt wurde. Aber dafür lief ich Stalker-gleich, oh welch eine Überraschung,  mit meiner Kamera rum. :D




Mit meinen Freunden traf ich mich immer zwischendurch, wenn es mal zeitlich passte. Das war auch sehr schön. Viele, wenn nicht sogar fast alle, mit denen ich damals zur Schule ging, waren nach wie vor in Cordoba anzutreffen. Für das Studium in eine andere Stadt zu ziehen ist wohl eher unüblich und die meisten blieben, auch einfach aus kostentechnischen Gründen, zu Hause. Das machte es für mich natürlich sehr einfach, viele Gesichter zu sehen. :)
Eine davon war Consu die, in der Zeit in der ich fort war, ein Baby bekam. Das musste ich natürlich auch kennenlernen! Mit einer anderen Freundin, Guille, ging ich zu meinem geliebten "Paseo de las artes" (quasi ein Kunstfolohmarkt), der wie immer tolle Motive bereit hielt.




Auf dem Paseo de las artes:












Ein Ausblick auf Córdoba

Ich besuchte außerdem noch eine bekannte, Virginia, die damals meine Betreuerin vor Ort war und wir beim Spanisch lernen half und mir beibrachte, wie man Mate trinkt. Zu dem Zwecke fuhr ich mit einem der großzügig ausgestatteten Reisebusse nach Cañada de Goméz und verbrachte dort einpaar Tage. Ich durfte ihren Freund, ihre Familie und ihre zwei süßen Hunde (gefühlt hat jeder wenigstens einen Hund in Argentinien) kennenlernen. Sie zeigte mir alles und kochte ganz lecker. :) Ihr Freund, der Metzger war, gab mir am Ende sogar noch eine super leckere Salami mit, außerdem schenkten sie mir ein Mate Set (diese coolen Dinger, aus denen der Mate Tee getrunken wird). Damit habe ich keineswegs gerechnet und war sehr dankbar und glücklich. Da sie englisch Lehrerin ist, nahm sie mich an einem Tag zur Schule mit und ließ mich mit ihrer Klasse ein wenig auf englisch quatschen, was auch ganz witzig war. Zum Mittag gings dann zu Bekannten von ihr, die Güteltier machten- was mich schon beim ersten Besuch etwas traumatisierte. Ich konnte auch wieder (wie vor Jahren) betonen, dass ich immer noch kein Gürteltier probieren möchte- wirklich nicht.




Papageie 




Im Kiosk, man beachte die Katze 



Empanadas 


Bye bye Vögel...

Mate

In der Schule


Das waren mal Güteltiere...

Zu den Bildern muss man noch sagen, dass ich wieder ein wenig an meine Grenzen kam. Hunde sind echt toll, aber fünf in einem kleinen Haus (vom Vater) kam mir etwas viel vor... Die Bezeichnung "Jetzt ist erstmal Ruhe im Karton" wurde auch sehr wörtlich ausgelebt, bei den Musik bringenden Vögeln.... Naja, tief Luft holen, ich mache meinen Unmut jetzt Mal nicht weiter Luft...

Mein Spanisch, so wurde es mir jedenfalls gesagt, war übrigens wohl genauso wie früher (was ich einfach Mal als gutes Zeichen genommen habe). Da ich nach dem Abi wirklich nur noch selten spanisch sprach, erfreute mich das sehr. Tatsächlich ist mir die Sprache vom Verständnis noch sehr nahe und bereitet mir wenige Probleme. Nur das Sprechen war ab und zu etwas schwieriger, da ich schon ein bisschen vergessen habe, gerade an Vokabeln.

Einer meiner Wünsche war es, mehr vom Land zu sehen. Ich wollte gerne andere Städte entdecken und erkor Buenos Aires, also die Hauptstadt, dafür aus. Für mich ganz objektiv betrachtet nicht schwierig zu bewältigen -Bus buchen, Hostel buchen, die Tage etwas planen, fertig. Aber oh nein, subjektiv war das eine ganz andere Nummer. Von "geh auf keinen Fall alleine, du wirst auf jeden Fall beraubt werden" bis "keine Sorge, das passt schon" durfte ich alles hören und war zutiefst verwirrt. Am Ende entschied ich mich für das Abenteuer und bereute es auch nicht, lief die Tage dort dafür aber überaus paranoid durch die Straßen. Ich wendete all die "Tricks" an, die ich früher gelernt habe: Geld und Karten immer verstecken, sei es in der Socke, einem Brustbeutel oder im BH; keine wichtigen Gegenstände in der Handtasche sondern nur Zeug, was meinetwegen auch (bei einem schnellen Raubüberfall) geklaut werden darf; Kamera im Rucksack und Rucksack vorne hängen haben; suspekte Leute direkt angucken. Klingt etwas stressig und war es auch- aber die Mühe hat sich gelohnt und nichts wurde mir entwendet!
Buenos Aires an sich ist eine mega schöne Stadt, voller Geschichte, Tango und toller Leute. Zusammen mit anderen Deutschen, die ich bei Städtetouren oder im Hostel kennenlernte, erkundete ich verschiedenste Teile. Es war tatsächlich, wie man sich Argentinien ganz platt und kitschig vorstellt- kaum gingen Abends die Straßenlaternen an, kamen die Tangotänzer raus und stellte sich in der Stadt zur Schau (um fair zu sein, es waren auch andere Tänze dabei und an manchen Orten wurde auch tagsüber getanzt). Ich sah mir das bunte  Viertel "La Boca" an, ging zum "Casa Rosada", war auf dem bekannte Friedhof "la Recoleta" und und und. Witzig waren vor allem auch die Papageien, die sich mit Tauben um Futter oder Plätze auf Palmen stritten.



Die grünen Tücher stehen dafür, dass man für Abtreibung ist, gerade ein sehr großes Thema in Argentinien. Gab viele Skandale und Aufklärung wird an den Schulen halt auch nicht so gut betrieben... Es gibt auch weitere Farben, für die, die gegen die Abtreibung sind; für eine Trennung von Staat und Kirche etc. 

Bloß nicht über rot gehen 



La casa rosada


Tango No. 1


Hunde gassi führen soll in Buenos Aires ein sehr lohn bringendes Geschäft sein. Viele halten sich einen in der Wohnung, damit keine Diebe kommen. Da Hunde ja leider auch kommunizieren und bellen, wird ihnen dann gerne Mal das ein oder andere Stimmenband entfernt. Super. (Nicht.)

Versteckte Kirche


Wächterkatze oder Grabräuber, das ist hier die Frage



Das ist ein Schnitzel :D

La Boca:





Tango No.2






Nur so nebenbei: Ich hab gemerkt, dass ich an meinen Vorstellungen und Wünschen arbeiten muss. Ich war vorher der ganz festen Überzeugung, dass ich keine an die Zeit dort hätte. Alles sollte bloß wie immer und wie früher werden- ganz toll und schön und heimisch und sich halt lohnen. Ihr hört schon - das ist nicht gerade die Version von "keine Vorstellung". Dementsprechend enttäuscht war ich rückblickend und derweilen ein wenig. Ich verlor etwas aus den Augen, dass in Argentinien keine Ferienzeit war und alle ihren Alltag fleißig lebten -Schule, Arbeit, Hobbies, Sport und was so dazu gehört. Von meiner Gastfamilie wusste ich das natürlich aber erhoffte mir, die Wochenenden mit ihnen verbringen zu können. Bei meinen Freunden dort, die größtenteils in die Uni gehen, dachte ich jedoch, dass sich das mit deutschen Unis gleichen dürfte. Also, dass man flexibel und selbstständig entscheiden kann, wann man zu welcher Vorlesung geht oder halt nicht. Jap, da hab ich sehr falsch gelegen. Mit den Studierenden dort wird hart abgerechnet und Fehltermine diabolisch notiert (ich weiß, ich lasse da eine leichte Entrüstung mitschwingen). Naja, meine Moral aus der Geschicht- überstürze die Erwartungen nicht.

Der Abschied fiel natürlich wieder schwer, nach den schönen drei Wochen. Hätte ich gewusst, was mir noch bevorstand, wäre ich einfach dort geblieben. In Chile (meinem ersten Stopp) überkam mich das große Unglück: mein Flug wurde gestrichen. Und ich möchte ja nicht lästern über andere Flughäfen, aber dieser verdammte Flughafen brachte mich fast um den Verstand- so klein und doch so überaus unorganisiert und undurchsichtig. Ich nutze aus, was ich mir nach vielen verzweifelten Versuchen aus der Situation sauber raus zu kommen, am vielversprechensten versprach- ich ließ ganz viele Tränen purzeln und war die übertrieben doofe und verzweifelte Deutsche. Nutzen gewinnt gegen Scham- es hat geholfen und ich bekam jemanden an die Hand, der mir dann endlich zu einem neuen Flug verhalf. Juchu! Der Rest der Reise verlief relativ problemlos und ich kam sogar früher als geplant in Frankfurt an. Alles in allem kann ich trotz höhen und Tiefen sagen, dass ich den Besuch dort sehr schön fand und mich auf das nächste Mal freue!



Nun noch ein Schlusswort, dass sich an alle richtet, die selber überlegen ins Ausland zu gehen für ein Schuljahr: Ich kann auch nur sehr ans Herz legen, den Schritt zu wagen und einen Schüleraustausch zu machen - Und zwar für ein Jahr! Klar, ein halbes ist auch super und definitiv viel besser, als gar nicht zu gehen. Doch berichten viele, und das kann ich nur bestätigen, dass man nach einem Jahr erst richtig angekommen ist. Das erste halbe Jahr ist quasi eure "Eingewöhnungszeit"- ihr lernt die Sprache, findet euch in eurem neuen Umfeld zurecht, erkundet alle Orte wie ein kleiner Touri und werdet langsam aber stetig Teil einer ganz neuen Welt. Nach dem halben Jahr (mehr oder weniger) fühlt es sich dann auf einmal wie euer zu Hause an- ihr kennt alle Orte, sprecht die Sprache fließend und fühlt euch ziemlich einheimisch. Aus dieser Perspektive heraus lebt es sich dann nochmal ganz anders!

Falls eure Zeit als Schüler schon um ist, dann ist die Chance ins Ausland zu gehen natürlich trotzdem nicht vertan! Nach dem Abi machte ich noch einen Freiwilligendienst in den USA mit einer anderen tollen und herzlichen Organisation. Falls ihr interessiert seid, guckt gerne auf meinen zweiten Auslandsblog vorbei. :)
https://weltenbummlerinnatalie.wordpress.com/

Mein nächster Plan ist es, ein Praktikum im Ausland zu machen, mit Glück auf den Philippinen- drückt mir die Daumen, dass es klappt!

Da ich für die nächsten Jahre sicherlich nicht wieder nach Argentinien reisen werde (da a) Geld und b) es gibt noch so viele andere tolle Länder zu entdecken), war es das nun wirklich erstmal wieder mit diesem Blog. Aber falls es Fragen gibt, schreibt mit gerne einfach per Mail oder hinterlasst einen Kommentar. :) Vielleicht sieht man sich ja auch mal auf einem der Expetiment e.V. Seminare.

Ganz liebe Grüße
Natalie